Eispickel Test
Ihren Ursprung haben moderne Eispickel im Bergführerwesen im Alpenraum des späten 19. Jahrhunderts. Damals noch mit langem Holzstiehl und breitem Kopf diente er nebem dem Abstützen vor Allem zum heraushacken von Stufen aus Eis und Schnee. Heutzutage werden in Schnee und Eis durchgehend Steigeisen verwendet und der Einsatzzweck von Eispickeln hat sich entsprechend gewandelt. Moderne Eispickel müssen ein breiteres Spektrum an Aufgaben erfüllen und werden von der einfachen Gletscherwanderung bis hin zum Eiswasserfallklettern eingesetzt. Aufgrund dieser Vielfalt an Einsatzmöglichkeiten vom Winterbergwanderer bis hin zum Sportkletterer gibt es eine ebensolche Auswahl an verschiedenen Eispickeltypen. Im diesjährigen Eispickel Test haben wir daher Eispickel aus verschiedenen Kategorien aufgenommen. Im folgenden erklären wir für wen welcher Eispickel Typ am besten geeignet ist und was bei Länge, Form und Materialwahl zu beachten ist
Auswahlkriterien
Wir haben für euch fünf der beliebtesten Eispickel der renommiertesten Hersteller sowohl im Labor als auch in der Praxis getestet. Alle Eispickel haben wir nach mehreren Kriterien bewertet, darunter Selbstarretierung, Grabe und Hackaufgaben, Verwendung als Anker zur Absicherung, Verwendung in Tiefschnee und Eis, Trage- und Griffkomfort und letztlich das Gewicht. Darüber hinaus geben wir auch an welche Prüfnormen die jeweiligen Produkte erfüllen (Kategorie B=Basisgeräte bzw. T=Technikgeräte). Einige Hersteller haben eine Vielzahl von Eispickeln im Angebot die sich teilweise nur in Feinheiten voneinander Unterscheiden, z.B. gummierter Griff, zusätzliche Schlaufe, etc. In diesen Fällen könnt Ihr euch bei der Auswahl am nächstverwandten Modell orientieren.
Auswahl des richtigen Eispickels
Die allerwichtigste Frage vor dem Eispickel Kauf ist ohne Zweifel: Was ist Euer geplanter Einsatzzweck? Seid Ihr Einsteiger und benötigt einen Eispickel zum Schneewandern in leichtem Gelände oder bei einer Sommerlichen Gletscherüberquerung? Oder seid Ihr ambitionierte Kletterer die regelmäßig auf Gletschern oder vereisten Berghängen unterwegs sind? Oder sogar noch extremer, als Sportkletterer an gefrorenen Wasserfällen unterwegs? Eines vorneweg, es gibt nicht die eierlegende Wollmilchsau unter den Eispickeln die alle diese Anforderungen erfüllt. Wir geben daher in der Testübersichtstabelle bei jedem Produkt an in welchem Einsatzgebiet es am besten performt und für wen es idealerweise gedacht ist.
Hersteller / Modell | Petzl Summit EVO |
Grivel Air Tech Evol. |
Black Diamond Raven |
Camp Corsa |
Climbing Technol. Alpin Tour |
Einzeltests | |||||
UVP Hersteller | |||||
Awards | |||||
Bewertung | Überragend |
Überragend | Sehr gut |
Gut | Sehr gut |
Aktueller Preis | Bei Amazon kaufen | Bei Amazon kaufen | Bei Amazon kaufen | Bei Amazon kaufen | Bei Amazon kaufen |
Eispickel Kategorien
Daher findet ihr alle Kandidaten im Eispickel Test eingeteilt in eine der drei Kategorien: Allgemeines Bergsteigen, Ultralight und solche mit modularem Design für technische Routen. Bei manchen der hier getesteten Eispickel verschwimmen die Grenzen etwas, etwa in Bezug auf das Gewicht. Ultralight Eispickel wie etwa der Camp Corsa verfügen zur Gewichtsersparnis nicht über eine Stahlspitze am unteren Ende und sind oft nur in kürzeren Größen verfügbar. Ultraleicht Eispickel sind am besten für Wanderer, Skibergsteiger, Alpinkletterer oder Leute geeignet die primär leichtere Routen begehen.
Einen weiteren Typ von Eispickeln fassen wir in der Kategorie „Allround Eispickel“ zusammen. Mit diesen Allround Eispickeln seid Ihr für die allermeisten Aufgaben gewappnet. Die Eispickel dieser Kategorie machen alles mit und eignen sich im Gegensatz zu ihren ultralight Verwandten auch zum Herausschlagen von Tritten oder dem Ausheben einer Notunterkunft im Eis. Die dritte Kategorie von Eispickeln haben wir mit „Technical“ bezeichnet. So gekennzeichnete Eispickel sind für die Extremisten unter Euch die richtige Wahl. Sie kommen meist mit stark gekrümmtem Schaft und erfüllen fast durchgehend die härtere Prüfnorm T (Technikgeräte). Diese Eispickel müssen im Ernstfall das gesamte Gewicht eines Kletterers tragen können und das Klettern einer Eiswand alleine mit zwei Eispickeln ermöglichen.
Fertigungstechniken
Es gibt verschiedene Fertigungstechniken für den Eispickelkopf. Die stärkste und leider auch teuerste Art einen Kopf herzustellen, besteht darin, ihn heiß zu schmieden. Dieser Prozess ist sehr aufwänding aber auch qualitativ am besten. Zudem kann durch die so erreichte, sehr hohe Materialfestigkeit der Kopf ca. 25 – 30% dünner gearbeitet werden. Je dünner der Kopf, desto besser lässt er sich ins Eis einschlagen. Warmgeschmiedete Eispickel Köpfe können relativ filigran und detailreich gefertigt werden und somit sehr gut auf verschiedene Anforderungen angepasst werden, z.B. Griffigkeit, Schärfe der Haue, etc. Beispiele für diese sehr hochwertigen, warmgeschmiedeten Eispickel sind der Petzl Summit EVO und der Grivel Air Tech Evolution. Die warmgeschiedetes Material ist am belastbarsten und haltbarsten und bei Profi Pickeln die erste Wahl. Warum verwenden also nicht alle Hersteller bei allen ihren Modellen warmgeschmiedeten Stahl? Die einfach Antwort lautet: Es ist zur teuer. Einsteiger und Allroundeispickel müssen nicht die hohen Kräfte und Lebensdauern aushalten wie die Profimodelle.
Die günstigere Alternative zu warm- bzw. heißgeschmiedetem Material sind sogenannte lasergeschnittene Eispickelköpfe und -spitzen. Hierbei wird mit Laser die benötigte Form aus einem Block Metall geschnitten. Da das Material allerdings nicht wie beim Schmieden verdichtet wird, muss der Kopf wie erwähnt dicker ausfallen um die selben Stabilitätswerte zu erreichen.
Eine noch günstigere Methode ist das Ausstanzen des Eispickel Kopfes aus einem Stück Metall. Diese Fertigungstechnik ist sehr günstig, allerdings auch am schwächsten, schwersten und aufgrund des größeren Volumens des Kopfes auch am wenigsten funktional.
Kopfdesign
Grob unterteilt gibt es drei verschiedene Formen von Köpfen bei Eispickeln.
- Neutral: Bei diesen Modellen bildet die Haue (der lange, dünne Teil des Eispickelkopfes) einen rechten Winkel mit dem Schaft. Dieses Design ist oft an Allround Eispickeln zu finden und ist ausreichend für Gelände mit wenig Gefälle. Bei zunehmender Hangneigung kommt dieses Konzept an seine Grenzen. Dieses Design ist nur noch gelegentlich bei Einsteiger Eispickeln zu finden und ist in unserem Test nicht vertreten. Wir empfehlen, je nach Einsatzzweck, aus einem der folgenden Kopftypen auszuwählen.
- Positiv: Bei Köpfen mit positiver Kurve fällt die (meist gezahnte) Haue leicht nach unten ab. Die Selbstarretierung ist besser als bei Modellen mit neutraler Haue, da sie sich nicht so leicht von selbst lösen kann. Diese Konstruktion ist sehr gut bei steilen Schneehängen und Eis, ist jedoch etwas schwieriger herauszuziehen. Diese Art von Hauendesign ist bei den meisten Eispickeln zu finden und unsere Empfehlung für 90% aller Winterbergsteiger die nicht extrem technisch unterwegs sind.
- Rückwärtspositiv: Dieses Hauendesign findet sich vor allen Dingen bei Technical Eispickeln und trumpft vor Allem bei sehr technischen und steilen Passagen auf. Zudem ist diese Hauenform am einfachsten wiederaus Eis und festem Schnee zu lösen, da sie sich weniger festfrisst. Für Anfänger ist dieser Typ Eispickel weniger geeignet, da er sich etwas nervöser anfühlt und subjektiv nicht so viel Griffsicherheit vermittelt.
Schaftdesign
Ein Trend den wir in den letzten Jahren immer mehr beobachten ist eine mehr oder weniger stark gebogene Ausführung des Schafts. Allerdings gibt es hier große Unterschiede. Bei Technical Eispickeln finden sich häufig extrem geschwungene Schäfte die in sehr steilem Terrain Vorteile bieten. Aber auch bei den Allround Eispickeln im Test mochten wir eine leichte Krümmung. Unserer Erfahrung nach hilft diese leichte Biegung bei der Selbstarretierung und ermöglicht es mehr Druck auf die Haue zu geben.
Materialtypen
Das verwendete Material entscheidet in hohem Maße über Stabilität und Gewicht des Eispickels. Alle Eispickel im Test verfügen über einen Schaft aus Aluminium. Bei Ultraleicht Eispickeln wie dem Camp Corsa ist auch der Kopf aus Aluminium gefertigt. Dies sorgt zwar für sensationell geringes Gewicht, knapp die Hälfte von anderen Eispickeln, ist aber auch deutlich anfälliger für Verschleiß und ist auch weniger robust und im Einsatzbereich eingeschränkt. Dennoch sind Leichtpickel für (nicht zu anspruchsvolle) Tourengänge im Schnee eine interessante Alternative.
Verschiedene Längen
Allgemein geht der Trend heute zu kürzeren Eispickeln als noch vor 20 oder 30 Jahren. Ein Eispickel ist kein Wanderstock und daher muss er auch nicht dessen Länge haben. Als Faustregel lässt sich merken: Wird der Eispickel an der ausgestreckten Hand nach unten hängen gelassen, sollte die Spitze knapp über dem Knöchel enden. Leichte Variationen können sich je nach Hangneigung ergeben. Geht Ihr meistens nur in wenig geneigtem Terrain, kann der Schaft länger ausfallen, je steiler das Terrain wird, je kürzer muss der Schaft sein um sich effektiv und sicher abstützen zu können. Seid Ihr im Zweifel oder benötigt einen Pickel für alle Bedingungen, empfehlen wir euch tendenziell den kürzeren Schaft zu wählen. Besonders in steilem Gelände lässt ein zu langer Schaft keine ausreichend gute Abstützung zu und behindert eher als es Stabilität gibt.
Testzusammenfassung
Alle Kandidaten im Eispickel Test verhaken sich hervorragend auf verschneiten Hängen und verhindern effektiv ein Abrutschen des Kletterers. Zwei Faktoren beeinflussen wie gut sich ein Eispickel im Schnee arretiert. Erstens: Neutrale und noch mehr positiv gekrümmte Schaufeln verhindern ein Abrutschen. Rückwärtspositive Schaufeln, wie etwa bei der Petzl Sum Tec schneiden hierbei nicht ganz so hervorragend ab. Zweitens: Je mehr ein Schaft gebogen ist, desto besser arretiert der Pickel im Schnee.
Der Petzl Sum Tec trumpfte am meisten an wirklich steilen Passagen auf und ist dort auch dem hauseigenen Schwestermodell Summit EVO überlegen. Ebenso positiv macht sich die Kopfform des Petzl Sum Tec beim Einschlagen in festes Eis bemerkbar. Die lange, gerade Kante der Haue durchdringt das Eis deutlich besser und ohne zu verhaken oder sich festzufressen. Der patentierte und in der Höhe verstellbare Knauf bietet zudem zusätzliche Sicherheit gegen Ab- und Verrutschen, Petzl nennt ihn im Marketingdeutsch „Trigrest“. Der Petzl Sum Tec ist extrem technisch und erste Wahl für Steilwandkletterer und stellte auch beim Hacken von Eisstufen und größeren Löchern aufgrund seiner robusten und sehr scharfen Schaufel alle anderen Eispickel im Test in den Schatten.
Unser Testsieger, der Petzl Summit EVO überzeugte uns vor allem durch seine Ausgewogenheit. Ausser extremen Steilwänden punktet er überall. Der Summit EVO hat sehr gute Selbstarretierunseigenschaften, eine sehr gute und scharfe Schaufel und lässt sich komfortabel greifen und gut transportieren.
Der Grivel Air Evolution ist unserer Ansicht nach der robusteste aller vorgestellten Eispickel. Die Verarbeitung ist bombastisch und selbst härtestes Eis im Dauereinsatz ringt ihm nur ein müdes Lächeln ab. Diese hardcore Verarbeitung ist allerdings etwas schwerer und Grivel lässt sich dafür auch etliche Euro mehr überweisen. Allerdings kommt der Grivel Eispickel auch mit einer sehr guten Halteschlaufe, die sich an der Haue einclipsen lässt. Der Grivel macht nur Sinn wenn man regelmäßig in fordernden Bedingungen unterwegs ist, für Gelegenheitsbergsteiger ist er überdimensioniert und zu teuer.
Unser Einsteiger Tipp ist der Black Diamond Raven, der trotz etwas höheren Gewichts und nicht ganz so guter Hackeigenschaften ein sehr guter Allrounder ist. Wer einen robusten Eispickel für erste Erfahrungen im winterlichen Alpinwandern sucht, dem können wir den Black Diamon Raven empfehlen. Für einen kleinen Aufpreis gibt es den fast baugleiche Raven Pro, der über eine robustere, geschmiedete Schaufel verfügt.
Der Camp Corsa ist nur etwas für einfachere Touren im Schnee. Er ist zwar sensationell leicht, ist aber nur wenig robust und nutzt relativ schnell ab. Für das Hacken von Stufen in Eis ist er gänzlich ungeeignet. Der Camp Corsa ist ein Nischenprodukt für Leicht-Bergsteiger die mehr im Schnee denn in Eis unterwegs sind. Für den recht limitierten Einsatzzweck finden wir den Preis recht hoch.
Der Alpin Tour Eispickel des italienischen Spezialisten Climbing Technology ist mit 590 Gramm in der kürzesten Länge von 50cm der schwerste Eispickel im Test, allerdings auch komplett in der robusten „T“ Kategorie gefertigt. Der leicht gekrümmte Schaft mit der modularen Haue sorgt für sehr gute Selbstarretierung. Die Schaufel ist gut beim Bearbeiten von Eis, allerdings, wie die Haue, nicht heiß geschmiedet sonder nur aus gehärtetem Stahl geschnitten. Das Design ist trotz modularen Aufbaus nicht extrem technisch ausgelegt und somit empfiehlt sich der Climbing Technology Pickel für Allroundbergsteiger die auch vor schwereren Passagen nicht zurückschrecken. Das T-Rating sorgt zudem dafür dass sie auch dauerhaft schwere Belastungen aushält. Alles in allem ein guter Eispickel mit leichten Schwächen bei Gewicht und Härte der Haue, der allerdings beim Preis punkten kann.
Gewicht
Je länger und anstrengender eine Tour ist, desto mehr macht sich das Gewicht der Ausrüstung leistungshemmend bemerkbar. Allerdings bringt ein sehr geringes Gewicht meist auch Nachteile in der Anwendung mit sich, und genau so verhält es sich auch bei Eispickeln. Der einzige Ultraleicht Pickel im Test, der Camp Corsa wiegt nur sensationell niedrige 240 Gramm. Erreicht wird dies vor allem durch einen sehr leichten Alu Schaft und einen leichten und dünnen Kopf. Die Kehrseite der Medaille ist allerdings die sehr eingeschränkte Verwendbarkeit. Für Alpine Hochtouren scheidet der Camp Corsa aufgrund fehlender Robustheit aus und empfiehlt sich für kürzere Abstecher in den Schnee oder eine kurze, flache Gletscherpassage im Sommer.
Alle anderen Eispickel im Test sind robuster und Hochtour- tauglich, was sich allerdings auch im Gewicht bemerkbar macht. Die anderen Modelle liegen mit Gewichten zwischen 400 und 500 Gramm deutlich über dem von Ultralight Eispickeln. Auch machen einige Komfortdetails durchaus einen Gewichtsunterschied aus. Den Petzl Summit EVO und den etwas leichteren Petzl Summit trennen ca. 40 Gramm, die aus einer zusätzlichen Griffgummierung resultieren.
Fazit
Unsere Lieblinge im diesjährigen Eispickel Test waren der Petzl Summit EVO und der Grivel Air Tech Evolution. Beide überzeugen mit hervorragender Verarbeitung und sind absolute High End Produkte für Profis und alle die den höheren Anschaffungspreis nicht scheuen.Beides sind Profi Produkte die auch nach jahrelangem, harten Bergeinsatz noch Freude machen. Der Ausschlag für den Testssieg des Petzl ist letztlich der Preis, da der Grivel extrem teuer ist. Der Black Diamond Raven steht exemplarisch für eine Reihe ähnlicher Vertreter im leistungsmäßigen Mittelfeld. Preislich kostet er nur halb so viel wie die Topmodelle, überzeugt Einsteiger aber mit trotzdem guter Leistung bei absolut fairem Preis. Ähnlich sehen wir den Climbing Technology Alpin Tour platziert. Trotz günstigen Preises ist er robust und weist innovative Details der Top Pickel auf, wer Wert auf geringes Gewicht legt ist mit ihm allerdings weniger gut beraten. Letztlich bleibt mit dem Camp Corsa ein Nischenprodukt für Gewichtsfetischisten. Wenig überzeugt hat uns die Materialhärte der Schaufel, eine Stahlspitze ist nicht einmal vorhanden. Wir fanden zudem den Preis nicht angemessen.
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